Rosina Schneider: Im Jamaika-Flow zum Hallen-DM-Titel
  19.02.2024 •     WLV , Top-News WLV , Wettkampf , BLV , BLV-Wettkampf , BW-Leichtathletik , Top-Events , Top-News BW-Leichtathletik , Wettkampfsport , Talentförderung , Leistungssport


Die 19-jährige Hürdensprinterin Rosina Schneider wird sensationell Deutsche Meisterin. Zuletzt war sie im Training bei Weltmeistern und Olympiasiegern in USA und Jamaika.

Es war ein echter Krimi, dieses 60 Meter-Hürdenfinale in der Immobilien Quarterback-Arena in Leipzig bei den Deutschen Hallenmeisterschaften. Nach Zielfoto-Entscheid wurden drei Läuferinnen innerhalb einer Hundertstelsekunde platziert. Unbändiger Jubel brandete bei Rosina Schneider (TV Sulz) auf, als sie in neuer Bestzeit von 8,08 Sekunden erstmals Deutsche Meisterin bei den Aktiven war, schneller als die Meisterinnen der letzten vier Jahre. Glücksgefühle explodierten bei der gerade einmal 19-Jährigen über ihren märchenhaften Aufstieg. „Wahnsinn, ich bin sprachlos“, kommentierte Sven Rees, Leistungssport-Direktor und ihr Trainer am Stuttgarter Olympiastützpunkt das schier Unfassbare.

„Ich wollte eigentlich nur die Großen etwas ärgern, doch jetzt bin ich die beste deutsche Hürdenläuferin“, sprudelte es aus ihr heraus. Schneiders Aufstieg hatte im vergangenen Sommer bei der U20-EM in Jerusalem begonnen, als sie über die Hürden und in der Staffel zweifache Junioren-Europameisterin wurde. Keine der erfolgreichen Hürdenläuferinnen wie Cindy Roleder, Pamela Dutkiewicz oder Kirsten Bolm sei im vergleichbaren Alter so schnell gewesen wie die junge Frau aus Wiesenstetten zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb, sagt der langjährige Bundestrainer Rüdiger Harksen (Mannheim).

Vom Schwarzwald nach Jamaika

Rosina Schneider ist ein richtiges Landmädel, lebt zuhause mit ihrer Mutter und dem Bruder. Der Vater ist vor einigen Jahren bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen. Als Ausgleich zum fünfmaligen Training in Stuttgart, wo sie unter der Woche auch wohnt, sitzt sie zuhause gelegentlich am Klavier. Ende Oktober hat sie ihre Rennschuhe eingepackt und ist für zehn Wochen in die Sprintparadiese USA und Jamaika gereist. Mitgebracht hat sie viele Erfahrungen, die der 19-Jährigen auf dem Weg in die Spitze helfen sollen.

„Es war schon toll, was ich da sportlich und menschlich erlebt habe“, sagt Schneider. Sie war in Gainesville (Florida), Los Angeles, New York und Kingston (Jamaika). „Vielleicht kann sich Rosina mit diesen Erfahrungen irgendwann ihren Olympiatraum realisieren“, hofft Rees.

Tipps von Weltmeistern

In Gainesville trainierte sie mit Dreisprung-Olympiasieger Christian Taylor und Grant Holloway, dreimaliger Hürden-Weltmeister, der in der vergangenen Woche seinen Weltrekord auf 7,27 Sekunden gesteigert hat. „Sie haben mit mir über psychologische Aspekte und den Umgang mit Druck im Leistungssport gesprochen“, berichtet die „Rosi from the Black Forest“, wie sie in Gainesville genant wurde.

In Jamaika hat sie mit Shelly-Ann Fraser-Price, einer der erfolgreichsten Sprinterin der Leichtathletik-Geschichte, trainiert und dabei Leistungssport als harte Arbeit kennengelernt. Vorausblickend auf die Olympischen Spiele 2028 besuchte Schneider die Wettkampfstätten in Los Angeles.

Ehrenschild in Heimatgemeinde

Auf dem Land in Wiesenstetten hat man ihren Wert erkannt. Am Rathaus der 443-Seelen-Gemeinde hängt bereits ein Schild zu Ehren der bekanntesten Bürgerin. Mit dem Deutschen Meister-Titel von Leipzig muss dies schon ergänzt werden.

Cathleen Tschirch, WM-Bronzemedaillengewinnerin 2019 in Berlin mit der Staffel, und neben Sven Rees Schneiders Trainerin am OSP, lobt das gute Umfeld in Stuttgart. „Wir wollen Rosina hier behutsam aufbauen“, sagt die 44-Jährige. Gemeinsam blicken sie auf den Sommer. „Die EM in Rom könnte jetzt schon ein Thema werden“, schätzt sich Schneider realistisch ein. Den olympischen Traum will sie 2028 realisieren.



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