Best-Practice Beispiel: Rebecca Kania
Inklusion heißt für Rebecca Kania „Mittendrin, statt nur dabei“ und nach diesem Motto macht ihre Paraathletin und Tochter Jule mit voller Begeisterung überall mit. Wie jeder andere macht sie auch inklusiv bei Kinderleichtathletik Wettkämpfen mit. Auf diesen Wettkämpfen wurde schnell klar, dass auch eine Anpassung wie Stoßen mit einem Arm kein Problem darstellt. Aufgrund einer Dysmelie fehlt der jungen Paraathletin nämlich der rechte Unterarm. Ihre Trainerin Rebecca Kania ist Trainerin des StTV Singen und trainiert die Leichtathletikgruppe der U10.
Wie sieht das inklusive Trainings aus? Bei welchen Übungen bemerkt man einen Unterschied zu den Nicht Para Athlet:innen?
„Im Vorfeld mache ich mir Gedanken, setze mich mittags vor der Trainingseinheit hin und überlege, was ich im Training machen möchte und ob sie alles mitmachen kann. Tatsächlich gibt es nur sehr wenig, dass sie nicht kann. Zwei Beispiele von Übungen, die ihr schwerfallen wären: Liegestütz, anstelle dessen Sie eine Plank macht. Dann ist noch das vorwärts springen mit dem Seil schwierig. Da springt die Paraathletin dann durch Knoten des Seils an ihrer Sportprothese stattdessen rückwärts. Die Sportprothese ist eine Habitus Prothese und dient der Optik. Die Prothese hat keine Funktion und ist lediglich zum Ausgleich für die Balance geeignet, da sie keine Elektronik hat. Dadurch kann die Prothese problemlos sandig werden und beim Schwimmen getragen werden. Hervorheben würde ich, dass bis jetzt nichts gekommen ist, das gar nicht ging. Sie versucht es immer und findet ihren Weg“.
Nimmt die Paraathletin an Wettkämpfen teil?
„Sie ist schon in der U8 gestartet. Da habe ich am Wettkampftag beim Medizinballstoß den Kampfrichtern gesagt, dass sie nicht beidhändig stoßen kann. Das war für die Kamprichter kein Problem, sie soll einfach mit einem Arm stoßen“.
Wie haben die anderen Athlet: innen auf die Paraathletin reagiert?
„Sehr gut, wir haben im STV Singen ein sehr enges Gebinde in allen Altersgruppen. Da ist eine sehr große Akzeptanz da von den Kindern und sie unterstützen sich gegenseitig. In der Trainingsgruppe der Paraathletin, ist es bei den Kindern im Training, die es über eine Weile gewohnt sind, überhaupt kein Thema. Sie wird gleich angesehen und behandelt. Wenn neue Kinder dazu kommen, gibt es am Anfang schon mal Blicke und es wird auch mal gefragt. Wenn ich das merke, dann gehe ich das Thema offensiv an und frage, ob das Kind eine Frage hat und erkläre es. Danach hat sich das Thema erledigt“.
Was konnten Sie von der Paraathletin lernen?
„Geht nicht gibt’s nicht. Man macht sich (gerade als Mutter) am Anfang viele Gedanken und Sorgen. Wie wird sie z.B. Fahrrad fahren können oder Schuhe binden. Als Trainerin bin ich damit reingerutscht. Ich denke ein Trainer, der die Erfahrung nicht von Zuhause hat würde sich da noch mehr Gedanken machen oder nachfragen. Als wir [an Ostern im Trainingslager] einen Parcours aufgebaut hatten, da hat sich ein Trainer gefragt, ob die Paraathletin das hinbekommt. Da war meine Antwort, dass sie das hinkriegt. Sie probiert es einfach aus und bekommt Hilfestellung, wenn sie es allein nicht schafft. Sie zeigt uns einfach, was sie alles kann und versucht es. Da kann man sich eine Scheibe von abschneiden“.
Hast du einen positiven Effekt auf die Persönlichkeitsentwicklung von Nicht Para Athlet:innen bemerkt?
„Auf jeden Fall. Die Kinder lernen, dass es normal ist, es dazu gehört und nichts Sonderbares ist. Sie wird akzeptiert und für die Kinder ist es ganz normal. Das gegenseitige Helfen ist auch außerhalb des Trainings wichtig. Das nehmen die Kinder an und haben keine Berührungsängste“.
Gibt es etwas, das du anderen Trainer:innen empfehlen würdest, die noch keine Paraathlet:in hatten?
„Ich würde den Paraathleten einfach mitmachen lassen. Die Kinder zeigen einem, was alles möglich ist und haben Spaß daran. Man sollte das Kind mitnehmen, in die Gruppe aufnehmen und inkludieren. Es bereitet wahnsinnig viel Freude einen Paraathleten in der Gruppe zu haben und bringt allen ein Vorteil“.
Gibt es ein tolles Erlebnis in der Para Leichtathletik, dass dir im Kopf geblieben ist?
„Wir haben vom StTV Singen letztes Jahr die deutschen Para Leichtathletik Meisterschaften ausgerichtet. Das war für jeden von uns eine außerordentlich tolle Erfahrung. Die Leute sind dankbar, dass sie die Möglichkeit haben den Sport auszuüben. Es war ein tolles Event mit super Gesprächen und ein guter Austausch. Ich war Kampfrichterin beim Kugelstoßen und es war toll. Ich habe die Leute selbst angesprochen, weil ich persönlich betroffen bin und habe Ihnen Fragen gestellt. Die Menschen sind da offen und man kann tolle Gespräche führen, Erfahrung sammeln und in den Austausch gehen“.
Die nächsten Meisterschaften
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