„Ein Wettkampf-Tag ist wie ein Feiertag“

  12.12.2025    BLV Top-News BLV BLV-Wettkampf BW-Leichtathletik Top-News BW-Leichtathletik Wettkampfsport
„Allrounderin“ Elena Burkard fährt zum elften Mal zu einer Cross-EM. Trotz zahlreicher Erfolge erlebt sie immer wieder schwierige Zeiten.

Elena Burkard rennt bei den Deutschen Crossmeisterschaften in Darmstadt in Siegerpose mit lang ausgestreckten Armen und einem Lächeln im Gesicht über die Ziellinie. Mit zwei Titeln über die Mittel- und Langstrecke ist sie erfolgreichste Teilnehmerin der Meisterschaften. Die 33-Jährige Schwarzwälderin ist die derzeit beste Allrounderin in der nationalen Laufszene: ob auf der Bahn über 1500, 3000, 5000 oder 10000 Meter, den Hindernissen, auf der Straße über 10 Kilometer oder im Cross – Elena Burkard ist praktisch auf allen Strecken unter den Top zehn der ewigen deutschen Bestenliste. In Pliezhausen war sie bei den Krummen Strecken Meetingrekord über 2000 Meter Hindernis gelaufen und über die spät für Frauen eingeführte Disziplin neben der WM-Dritten Gesa Felicitas Krause und Europameisterin Antje Möldner eine der Protagonistinnen auf dieser Strecke. 

Zum elften Mal bei einer Cross-EM dabei

Am Wochenende startet sie zusammen mit Eva Dietrich (LAV Stadtwerke Tübingen) zum elften Mal bei einer Cross-EM in Lagoa (Portugal), ihr letztes Rennen einer überaus erfolgreichen Saison. „Ich war enttäuscht, dass der DLV keine dritte Läuferin nominiert hat, da hätte ich uns Chancen auf eine Team-Medaille ausgerechnet“, äußert sie sich kritisch. Die Mittelstrecklerin hofft, auf einer schnellen Strecke wie in Darmstadt, um ihre Schnelligkeit ausspielen zu können.

Sportlicher und beruflicher Weg

Ihre sportliche Vita ist beeindruckend. Sie war sechsmal Deutsche Meisterin, gewann 18 nationale und internationale Medaillen und war bei sämtlichen internationalen Wettbewerben am Start: von Europameisterschaften (Berlin 2018 und München 2022), über Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen (Tokio, 2021 und 2025). Burkard ist vor allem eine exzellente Crossläuferin. Der Grund: In Freudenstadt geboren, wurde ihr das Laufen in der Natur praktisch in die Wiege gelegt. Ihr Alltag beginnt morgens mit einem Dauerlauf, dann geht die Chemikerin für fünf Stunden ins Labor. Nachmittags steht Lauf- und alternatives Training auf der Bahn, im Wasser, auf dem Rad oder mit Langlaufski auf dem Programm.

Mit einem Chemie-Studium in San Francisko und Tübingen hat sie den dualen Weg mit Lesitungsport und Beruf beschritten. Sie hatte immer den Rückhalt ihres Vereins, die LG Farbtex Nordschwarzwald, und Ihres  Trainers Jack Müller. „Er kennt mich seit 16 Jahren, wir ergänzen uns bestens“, freut sie sich über diese Konstante in ihrer sportlichen Laufbahn. „Ein Geheimnis ihrer Erfolge ist wohl die Tatsache, dass sie extrem gut auf Höhen-Trainingslager anspricht“, sagt Müller, „ob in St. Moritz oder in Kirgistan“.

Mentale Herausforderungen und der Sport als elementarer Begleiter

Zur Geschichte der Elena Burkard gehören neben zahlreichen Höhepunkten auch schwierige Zeiten. Im vergangenen Jahr machte sie in einem Interview mit Sport1 mentale Probleme öffentlich und musste sich vor den Olympischen Spielen in Paris erneut in eine psychotherapeutische Behandlung begeben.

Der Kampf mit der eigenen Psyche und Geschichte sind für Elena Burkard nicht neu. Ganz im Gegenteil: „Ich habe das Laufen als Mittel entdeckt, um mich nicht zu verlieren“, erkannte sie schon in früheren Zeiten,  „ein Wettkampf-Tag ist für mich wie ein Feiertag“. Während ihres US-Studiums hatte ihr eine Therapeuthin sogar gesagt, „das Laufen hat dir wahrscheinlich das Leben gerettet“. Trotzdem arbeitet sie weiter hart auch an anderen Strategien, um mit sich selbst umzugehen, denn „Laufen ist ein Geschenk für mich, es soll nicht zum Mittel zum Zweck werden, sondern immer ein Zufluchtsort für meine Seele sein.“

Beim Hill Run Ruhestein im Schwarzwald rannte sie 330 Meter eine Skischanze hoch und ließ dabei Nathalie Armbruster, Gesamt-Weltcup-Siegerin in der Nordischen Kombination, 17 Sekunden hinter sich. Es war der Ausdruck ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit. Und vielleicht auch ein symbolisches Zeichen für ihren Weg nach oben.   

Ewald Walker / blv